Ausgangslage und Motivation
Das Thema Liquiditätsrisiko erhält aktuell durch die gestiegenen Liquiditätsspreads wieder zentrale Bedeutung. Die aktuelle Differenz im Dezember 2024 zwischen Pfandbriefrenditen und OIS-Swaprenditen ergibt im Rahmen der Berücksichtigung von Liquiditätskosten auf der Aktivseite und Liquiditätsnutzen auf der Passivseite der Bilanz einen gravierenden Unterschied – abhängig von der verwendeten Zinskurve zur Kalkulation der Kundengeschäfte.
Dies zeigt sich auch in aktuellen Studien der Verbraucherschutzorganisationen, die die Kalkulation von Baufinanzierungen zwischen den einzelnen Bankengruppen vergleichen. Hier ergeben sich drastische Unterschiede – abhängig davon, ob mit Pfandbriefrenditen oder gegen eine Swap-Kurve kalkuliert wird. Ein Kredit, der in der Kalkulation gegen eine Swap-Kurve eine positive Marge aufweist, ist in der anderen Betrachtungsweise (bewertet mit Pfandbriefrenditen) aktuell mit einer negativen Marge behaftet. In Zeiten der Marktzinsmethode ist es alternativlos anzumerken, dass eine der beiden Kalkulationen nicht stimmen kann.
Die Bankenaufsicht verschärft im Gegenzug die Anforderungen an die Berücksichtigung der Refinanzierungskostenrisiken im Rahmen der ökonomischen Risikotragfähigkeit. Dies führt bei Genossenschaftsbanken und Sparkassen aktuell zu teilweise erheblichen Zuschlägen im Bereich der SREP-Eigenkapitalanforderungen. Somit sollten die Risiken sachgerecht quantifiziert – aber keineswegs überzeichnet – werden.
Unterschiede in den aktuell anzutreffenden Praxis-Konzepten der einzelnen Bankengruppen
In der aktuellen Bankpraxis konkurrieren verschiedene Ansätze zur Quantifizierung der Refinanzierungsrisiken. Angesichts der Auswirkungen auf die ökonomische Risikotragfähigkeit und der potenziellen SREP-Zuschläge von Refinanzierungskostenrisiken ist eine qualifizierte Analyse der einzelnen Fragestellungen von zentraler Bedeutung.
Aus Sicht der ICnova gibt es für die einzelnen Fragestellungen klare Argumente und damit verbunden auch eindeutige fachliche Positionen.
Zentrale Fragestellungen:
- Welche Zinskurve sollte für welche Fragestellung verwendet werden (Zinsrisiko, Refinanzierungskostenrisiko, Kalkulation von Aktivgeschäften in den einzelnen Laufzeiten, Kalkulation von Passivgeschäften in den einzelnen Laufzeiten)?
- Ableitung von Spreadszenarien für die Ermittlung des Refinanzierungskostenrisikos (welche Zinskurven, welche explizite Realisierung der einzelnen Märkte, Validierung der Risikoparameter)?
- Festlegung zur bankindividuellen Positionierung der derzeit konkurrierenden Grundvorschläge (Mischkurvenansatz vs. Pfandbriefrenditen vs. Engpassprinzip).
- Abbildung der relevanten Bilanzpositionen in den Zahlungsstrom zur Quantifizierung der Refinanzierungskostenrisiken. Hier ergeben sich – je nach Bankengruppe – unterschiedliche Teilfragestellungen:
- Unterscheidung zwischen Zinsrisiko-Mischungsverhältnissen und Liquiditätsrisiko-Mischungsverhältnissen für die variablen Bilanzpositionen – inkl. Diskussion der zugehörigen Validierungsansätze.
- Berücksichtigung der Wertpapiere im Liquiditätsrisiko vs. Doppelverrechnung mit dem Thema Adressrisiko Eigengeschäft.
- Korrektur des Zinsrisiko-Cashflows aus Liquiditätssicht (wo und wie?).
- Anrechnung des Refinanzierungskostenrisikos in der Risikotragfähigkeit (additiv vs. integrierte Betrachtung von Zins und Liquidität, Ausblick auf Korrelationsanalysen).
Fazit und Zusammenfassung
- Die zunehmende Bedeutung des Refinanzierungskostenrisikos erfordert eine klare Priorisierung auf eine korrekte (d. h. betriebswirtschaftlich sinnvolle und gleichzeitig nachhaltig validierbare) Praxisumsetzung.
- Aktuelle Ansätze, die in der Bankenpraxis seitens der Bankenaufsicht zunehmend fokussiert werden, leiden oft unter zwei zentralen Problemen:
- Versuch einer möglichst geringen Risikoquantifizierung, die das Risiko teilweise massiv unterschätzt.
- Aktuelle Konzepte in einzelnen Bankengruppen, die das Risiko teilweise massiv überschätzen.
- Eine klar validierbare und betriebswirtschaftlich sinnvolle Auseinandersetzung mit dieser Risikoart ist somit alternativlos und ein zentrales Thema für das Jahr 2025.
Projektvorschlag
Gerne bieten wir Ihnen nach individueller Rücksprache einen Projektvorschlag zur sachgerechten Analyse des Refinanzierungskostenrisikos für Ihre Bank oder Sparkasse an.
Kontakt
ICnova AG
Dr. Andreas Beck
andreas.beck@icnova.de